
17/11/2022
Wir stellen vor: Theatergruppen der Bunten Bühne 2022
Heute: Studententheater GermTrupp aus Katowice/PL
Die Gruppe besteht aus Studierenden der Schlesischen Universität, die bisher sowohl mit Amateurtheater zu tun hatten als auch auf der Bühne zu debütieren versuchen. Es verbindet sie die Überzeugung, dass dem heutigen Theater eine besondere Aufgabe zukommt, als Sprachrohr zu dienen und auf wichtige zeitgenössische Probleme aufmerksam zu machen. Der Krieg in der Ukraine regte die Studierenden dazu an, sich mit Hilfe von Theatermitteln zu äußern und auf der Bühne über die Kriegsgewalttaten, das von den Menschen erlittene Unrecht und die Hilflosigkeit des Einzelnen zu reflektieren. Das für das Festival in Fellbach vorzubereitende Stück ist die erste gemeinsame Initiative, die sich als studentischer Beitrag zu öffentlichen Debatten über Krieg, Migration und Menschenrechte versteht.
GermTrupp spielt bei der 30. Bunten Bühne
UnBeGrenzt oder die einfache Güte – von Renata Dampc-Jarosz (nach Erich Maria Remarque)
Der Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat die bisherigen Regeln des gesellschaftlichen Lebens, die politischen Vereinbarungen und die wirtschaftlichen Beziehungen in Frage gestellt. Mit dem Zustrom der Kriegsflüchtlinge wurde das Problem der Verantwortung für das Schicksal des Einzelnen, die Hilflosigkeit des Rechts gegenüber der grassierenden Gesetzlosigkeit immer deutlicher, und das Bewusstsein der Ohnmacht des Einzelnen gegenüber dem totalitären Handeln und Denken wurde von Tag zu Tag überwältigender und erdrückender.
Auf der Suche nach Wegen zur Überwindung von Krisen, vor allem der des Krieges, kann Hegels Theaterästhetik, die das Theater als Medium der Rationalität und zugleich als Ausdruck von Subjektivierungspraktiken und des Verhältnisses von Reziprozität zwischen Welt und Individuum versteht, zu Hilfe kommen. Eine so definierte Beziehung zwischen der Welt und dem Subjekt ermutigt, zum Genre des Dramas / Monodramas zu greifen, das es ermöglicht, das Unsagbare darzustellen.
Das Stück basiert auf dem Roman „Liebe deinen Nächsten" (1939) des deutschen Schriftstellers Erich Maria Remarque (1898–1970). Der Roman erzählt die Geschichte von Bürgern des Dritten Reiches, die vor den Nationalsozialisten fliehen und sich ohne Papiere, entnationalisiert, staatenlos fühlen, sie sind „Grenzfiguren" in jedem neuen Land, ohne Möglichkeit der Integration in die neue Gesellschaft und ohne Chance auf eine friedliche Zukunft. Die Protagonisten des Romans – Ludwig Kern, Ruth Holland und Josef Steiner - überqueren illegal die Grenzen der Tschechoslowakei, Österreichs, der Schweiz und Frankreichs, verdienen ihren Lebensunterhalt mit kleinen Jobs oder mit Spenden von infachen Leuten, werden von einem Land zum anderen geschoben und betrachten sich selbst als Opfer der Gleichgültigkeit des Völkerbundes sowie der mit sich selbst beschäftigten Wohlfahrtsstaaten. Die Ereignisse des Romans werden aus der Perspektive von Ruth, einer Flüchtlingsstudentin, geschildert, die mit ihren weiblichen Augen die Tragödie von Emigranten, Flüchtlingen und Verfolgten zeigt und die Propagandamethoden totalitärer Systeme aufdeckt.
Das Stück wird in polnischer Sprache verfasst, ergänzt aber durch Phrasen aus den Sprachen der Länder, durch die die Flüchtlinge gezogen sind (Tschechisch, Deutsch, Französisch), deren Rezeption durch deutsche Untertitel unterstützt wird. Das Stück ist als Monodrama mit pantomimischen Elementen konzipiert.
Aufführung: Do 24.11.2022 | 16:00 | Jugendhaus Fellbach