Hallo zusammen,
Für Jugendliche die wenig über die damalige DDR-Diktatur wissen.
Im Keller des Gefangenenlagers in Thale/Harz
Mein Mitgefangener Kamerad Bernstein sagte im Juni 1979 zu mir, Jürgen wir werden uns ab sofort nicht mehr mit Strafgefangene melden. Ich sage zum Beispiel bei der Meldung -Herr Polizeimeister, der Bundesbürger Bernstein ist anwesend.
Ich war mehr als verwundert aber einverstanden, über die Provokation. Wir werden uns als Bundesbürger melden, obwohl wir wissen, dass für die DDR die BRD ein Kapitalistischer Staat ist?.
Es kann nichts passieren Jürgen, sagte mir Bernstein. Die DDR ist nicht voll anerkannt vom Westen . Darum sind wir als deutsche alles Bundesbürger. Und außerdem werden wir demnächst für vom Westen freigekauft. Dann werden wir eine Haftentschädigung erhalten.
Echt? fragte ich, woher willst du das wissen? Er sagte wir bringen hier keinen Nutzen, deswegen schieben die uns ab. Dein Wunsch in Gottes Ohr, erwiderte ich . Ich musste über die Aktion Bundesbürger nachdenken und war sehr aufgeregt, musste gleich aufs Klo deswegen. Im Keller der Absonderung im Gefangenenlager Thale gab es einen großen Raum mit 4 Doppelstockbetten. Aber die Matratzen und das Bettzeug war Tagsüber draußen gelagert. Man wollte es uns nicht zu gut gehen lassen.
Ich, der Kamerad Steinke und Bernstein waren die Letzen 3, von ehemals 8 Zwangsarbeit Verweigerer. Die anderen hatte man nach und nach in andere Gefängnisse verlegt. Oder sie waren Abgeschoben wurden. Wir wussten nichts Näheres. 4 Monate hatte ich in Thale im strengen Arrest auf Einzelzelle gesessen. Steinke hatte 5 Monate Arrest hinter sich. Bernstein war später erst nach Thale gekommen und hatte 2 Monate Arrest abgebrummt.
Im Arrest hatte ich Hungerstreik gemacht, weil mir nichts zum Schreiben für eine Beschwerde gegeben wurde. Bei Hungerstreik mussten die Beamten ihre vorgesetzten Offiziere darüber unterrichten.
Einem Major, der nicht in Thale stationiert war, sagte ich ''Da sie Leute einsperren und nicht Fair behandeln, ist es auch kein Wunder, warum sie nicht die Menschenrechtskommission "Amnesty International" ins Gefängnis lassen". Sie verstoßen selbst gegen ihre eigene Verfassung, wonach jeder DDR-Bürger die freie Wahl seines Wohnsitzes hat.
Und zur gleichen Zeit behauptet man, dass ein Ausreiseantrag Rechtswidrig sei. Zeigen sie mir doch ein Schriftstück, wo dieses drin steht? Im Strafgesetzbuch steht jedenfalls nicht, das man wegen einen Antrag zur Übersiedlung in die BRD, mit Gefängnis bestraft wird.
Der war vielleicht geplättet, als er die Worte von mir unscheinbar dastehenden Gefangenen gesagt bekam. Vor allem war so ein Offizier nur Gehorsamkeit und Respekt gewöhnt.
Ich lese mal ihre Akte hatte der gesagt. Schreiben durfte ich dann aber.
Uns Widerständler hatte man in einen Kellerraum gesperrt, weil sie alle Arrestzellen Renovieren wollten. Wir ahnten aber, dass zu uns einige „IM“ als Spitzel geschickt werden.
Also, wenn ein Gefangener gegen die Hausordnung verstieß, bekam der 3 oder 7 Tage Arrest. Diese Strafe musste er dann bei uns im Keller verbüßen, weil die Einzelzellen grade gestrichen usw. wurden.
Wir passten nun auf was wir sagten, wenn diese Arrestanten bei uns im Raum anwesend waren. Angeblich war fast jeder "Ausreiseantragsteller". Zwei der zu uns gekommenen Inhaftierten wussten aber nicht einmal,
bei welchem Amt sie draußen ihren Antrag abgegeben haben.
Kamerad Steinke verschwand leider im Juni 1979 . Wir hofften für Ihm, dass er zu seinen Verwandten in den Westen durfte. Mein Mitgefangener, Häftling Bernstein, war 2 Jahre älter als ich.
Leider habe ich jetzt seinen Vornamen vergessen. Er war Klug und Pfiffig, hatte Abitur mit 1,3 gemacht und während der Schulzeit sogar eine einjährige Ausbildung zum Elektrotechniker abgeschlossen.
Dafür waren eigentlich 2 Lehrjahre erforderlich. Er wollte Studieren und hatte sich für Medizin entschieden. Auf Grund seiner nicht korrekten politischen Einstellung zum DDR-Staat,
wurde dieses Studium abgelehnt. Auch das für Mathe oder Chemie, sowie einige Möglichkeiten zum Ingenieur, lehnte der Staat ab.
Als einziges hatte man ihm ein Studium als Agraringenieur für Landschaft und Schweinezucht angeboten. Praktisch als qualifizierter Bauer und Schweinezüchter auf einer LPG.
Das ging ihm wohl zu weit mit der Bevormundung. Da ist er, seiner Erzählung nach, zu laut geworden oder ausgerastet. Und nun saß er wegen „Staatsverleumdung“ in Thale mit 1 Jahr Haft.
Als Essen bekamen wir die „Nichtarbeiterverpflegung“. Morgens und abends 3 Scheiben Brot mit Marmelade oder ganz dünne Wurst drauf. Das Mittagessen ohne Fleisch und Kompott.
Also Bsp. Kartoffeln mit Soße. Oder Suppe, aber ohne Fleisch. Im Gegensatz zum Arrest, war das Essen für uns aber mehr.
Denn im Arrest gab es nur alle 3 Tage Mittagessen, womit man glaubte uns erziehen und bestrafen zu müssen. Wir sagten uns aber, wenn wir unser Ziel erreicht haben,
können wir genug und besseres essen.
Wir werden bestimmt Rehabilitiert, also Frei gesprochen und bekommen Entschädigung für unser Leiden, sagte mir Bernstein . Woher weißt du das? In Leipzig hatte ich mich öfters bei Leuten informiert und die wussten das. Das glaubte ich ihm aber trotzdem nicht. Warum sollte die BRD-Regierung, für jeden von uns kleinen Lichtern 30 000 - 100 000 D-Mark zahlen ? Und dann anschließend auch noch Entschädigen?
Na, das glaube ich Dir auf keinem Fall! Klar Jürgen, sagte Kamerad Bernstein, du kriegst das Vierfache wie ich. Bei 10 DM täglich kommt doch allerhand an Geld zusammen.
Jeden Tag den wir hier im Keller Vegetieren, kriegen wir bezahlt. Selbst wenn nicht, Hauptsache wir sind frei. Nach solcher Aufmunterung und Information stieg meine Laune und der Optimismus bei mir wieder.
Wenn ich damals schon gewusst hätte das die „Stasi“ der (DDR-Geheimdienst) manchmal auch Regierungsgegner umbringt und dieses dann als Unfall tarnt,
wer weiß ob ich dann weiterhin Wiederstand geleistet hätte.
Als ein Polizeibeamter die Zelle öffnete, probierte Bernstein sein Vorhaben aus. Er sagte: Herr Wachtmeister, aus der Buchenwaldgedächtniszelle melden sich 2 Bundesbürger. Alleine schon, weil er den Beamten mit Absicht als Wachtmeister und nicht als Oberwachtmeister ansprach, empfanden die Polizisten als Provokation. Hinterher ärgerte ich mich darüber, dass Bernstein „Buchenwaldgedächtniszelle“ gesagt hatte. Wenn die das nun als Hetze auslegen, kriegten wir extra Hafttrafen. Ein Glück, das Bernstein das einsah und außer "Bundesbürger" ,wollten wir die zusätzlichen Bezeichnungen weglassen.
Bei nächster Gelegenheit beim Strafvollzugsabteilungsleiter, einem Oberleutnant, probierte ich es aus.
Als ich ins Dienstzimmer eintrat, sagte ich: der Bundesbürger Brand sollte mal herkommen.(Richtig wäre gewesen; stramm zu stehen und zu sagen - Herr Oberleutnant der Strafgefangene Brand meldet sich zur Stelle)
Was sind sie? Ich sagte, „Bundesbürger“.
Fast ist der aus seinem Anzug (Uniform)gesprungen. Der vergaß sogar den Grund, warum ich zu ihm kommen sollte. Als ich dem Offizier erzählte,
dass die DDR-Staatsbürgerschaft nicht mal vom Westen anerkannt ist
und ich somit automatisch Bundesbürger bin, schmiss der mich aus seinem Dienstzimmer. Ein kleiner Triumph für mich, ich wollte ja mehr auffallen und Pluspunkte zu sammeln.
Ich nahm mir vor, jedes Mal wenn mich ein „Schließer“ ansprach oder ich zum Gespräch muss, mich als „Bundesbürger Brand“ vorzustellen.
Zu Weihnachten 1978, hatte ich mich das letzte Mal satt essen können, als es im Zugangsbereich Hähnchen(Gold-Broiler) und Schnitzel über die Feiertage gab.
Auch Bananen und Apfelsinen. Das hatte dann wohl ein Betrieb geliefert gehabt, wofür die Gefangenen arbeiteten. Dass war nun schon 6 Monate her. Aber zu sehr musste ich auch nicht Meckern, denn würde ich ab sofort dem Lager-Chef sagen, ich mache das was von mir verlangt wird, dann ginge es mir Verpflegungsmäßig viel besser.
Ich hatte damals noch 20 Monate vor mir und wusste nicht wie lange es noch dauern würde, mein Ziel zu erreichen. Das es alles noch „schlimmer“ wird und ich am Ende 30 Monate Einzelhaft und Arrest aushalten musste, wusste ich da noch nicht. Ich hoffte immer auf einen Bus, der mich bzw. uns zur Grenze fährt. Oder das wir nach Cottbus in Abschiebehaft kommen.
Genauso wusste ich nicht, das Laut meiner später gefundenen Stasi-Akte, bereits 1978 von der Abteilung Inneres, die Ausreise genehmigt war.
Und im Keller in Thale, war es bereits Juni 1979!!
Das solche Typen und andere SED-Genossen ,die mehr oder weniger
für Zwangsadoptionen, Schießbefehl, Gefangenmisshandlung, Freiheitsberaubung, Wahlfälschung, Verhaftung Unschuldiger Bürger und Bespitzlung verantwortlich waren ,
sogar bei der heutigen Polizei,
in Ministerien, im Bundestag oder als Bürgermeister tätig sein dürfen, ist die Krönung der Unverschämtheit.
Und was machen heute viele ehemaligen DDR-Bürger? Sie wählen die Linken.
Die Entschädigungsrenten(Stasi-Opfer, Gesundheitsschaden) trösten mich ein wenig für die Leiden.
Die vielen IM(es gab ca.250000 in der DDR) und die Mitverantwortlichen, werden hoffentlich in der Hölle schmoren.
Um alles besser zu verarbeiten und andere vor die Linken(Ex-SED) zu warnen,
schrieb ich alles über die 4-jährigen Gefängniszeit im 2 teiligem Buch „Hafterlebnisse eines DDR-Bürgers“ nieder.
Meine Homepage>
http://rurufi.ibk.me
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