18/05/2013
Zum letzen Tag der Ausstellung" Einfall" Bemerkungen zum Werk von Oleg Lang unter dem Titel "Distanz und Nähe" von Thomas Wölfen:
Die Zeitenwende 1989/1990 haben wir hinter uns gelassen als eine Erinnerung an etwas Unvermeidliches. Und dennoch gibt es heute ein Europa, das ganz andere Dimensionen kennt. Eine ganze Generation ist inzwischen aufgewachsen, ohne die Erfahrung von Stacheldraht und Mauer. Zuweilen stolpert man noch mal kurz über die in den Boden eingelassenen Steine, die den Verlauf der Mauer nachzeichnen. Die Distanz erhöht sich und die Nähe wird sichtbar.
In diesem Verhältnis kann man auch das Werk von Oleg Lang betrachten. Die Tatsache, dass der Künstler seit 1980 als ein Museumskünstler gilt, ist für die Bedeutung seiner Malerei fast unerheblich. Denn zum einen zeichnet die Malerei von Oleg Lang auch dadurch aus, das sie Eigenständigkeit bewahrt auf eine Art, die frappant ist.
Dass mag auch zurück zu führen sein auf die Ausbildung im Surikov Institut in Moskau. Es war diese Lehrzeit, die es ihm heute ermöglicht, ein malerisches Oeuvre zu entwickeln, das in paradoxer Weise gleichzeitig eine eigenständige Schöpfung ist und bleibt und dennoch einen starken Verweisungscharakter besitzt.
Der Betrachter wird vor diesen Werken ebenso eine Reminiszenz an die Fauves erfahren können oder die Malerei aus Gugging. Deren ‚art brut’ ließe sich als Begriff auch anwenden auf das Werk von Oleg Lang.
Wer eine Übersicht zum Werk von Oleg Lang erfasst, wird feststellen können, dass die Bildsprachen des Künstler nur auf den ersten Blick eine Einheitlichkeit besitzt. Für den Kunstfreund aus Westeuropa erschließt sich das erst auf den zweiten oder sogar dritten Blick. Da taucht dann eine Etüde im Sinne Chagalls aus. In einem anderen Werkkomplex findet der Betrachter Anklänge an die Wilde Malerei wie die von Rainer Fetting oder die Transavantgarde von Enzo Cucchi oder Sandro Chia. Und zuweilen entdeckt man in diesem überbordenen Werk sogar Spuren von Wassily Kandinsky. Dabei handelt es sich nicht um eine Art Appropriation, wie im Werk von Elaine Sturtevant.
Vielleicht gehört Oleg Lang zu jenen Malern, die eine Epoche darstellen und dennoch einen eigenen Stil entwickeln. Der Aufbau seiner Gemälde ist sich ähnlich. Es gibt einen Grund, aus dem heraus sich die Figuration erhebt. Zuweilen gehen Grund und Figur ineinander über und lassen die Darstellung dreidimensional wirken. Das Oeuvre von Oleg Lang ist uns nah und gewinnt Tiefe in der Nähe. Diese Nähe mag auch begründet sein durch die Themata, die der Künstler aufnimmt. Zum einen offenbaren sich im Hintergrund nicht eine bloße Leinwand, sondern Tücher mit Mustern, die der Künstler aufnimmt und in den Bildgedanken ‚einwebt’. Das führt zu einer spezifischen Materialität. Auf der anderen Seite aber erscheinen andere Werke wie ein Setting für einen Film. Der Künstler kennt seine Mittel und nutzt sie souverän
auf jeder Oberfläche, die ihre Tiefe nicht verleugnen will.
Thomas Wulffen 4/13